Abend

Abend

Der Ast vor meinem Fenster schüttelt sich, als ob er friert, als ob der kalte Abendwind ihm nicht behagt,

der mir die letzten Glockentöne von den Türmen bringtostern3

und ein paar Wolkenfetzen heim ins Dunkel jagt.

Die Schaukel auf dem Spielplatz gegenüber ist verwaist,

doch noch nicht lang – sie ist noch warm und schwingt noch sacht, und unten in den Straßen fällt der Blechwurm röchelnd auseinander und verliert sich in der Nacht.

Jetzt sagt man wohl: Es stirbt der Tag, weil man ihn nicht mehr sieht, weil man nicht denken mag, daß er nur weiterzieht.

Doch er geht weiter, nur ein wenig weiter,

steigt auf neue Berge, scheint auf neue Wälder und Seen.

Er war für ein paar Stunden mein Begleiter, doch jetzt geht er weiter, und ich kann ihn nicht mehr sehn.

Wenn irgendwann, ob spät, ob früh, erwartet oder unverhofft, mein Leben wie der Tag zu Ende geht, dann schneiden mir die Zeiger meiner Uhr von meiner Zeit die letzte Scheibe ab, ganz gleich, wie’s um mich steht.

Ob ich den letzten Atem mir in weißen Kissen hol, ob irgendwo in Staub und Blut am Straßenrand – ich weiß nicht, wie es sein wird, weiß nur, daß der Abschied einmal kommen muß ob schmutzig oder elegant.

Dann sagt man wohl: Jetzt ist es aus, weil ich kein Wort mehr sag.

Doch du, geh still nach Haus, und denk nur an den Tag.

Auch ich geh weiter, nur ein wenig weiter, geh in Gottes Freude, geh in Gottes Licht hinein.

Ich war für ein paar Jahre dein Begleiter, doch jetzt geh ich weiter, um bei meinem Herrn zu sein.

(Manfred Siebald)


Gott, ich weiß nicht mit diesem Verlust, diesem Schmerz, der Trauer und Leere richtig umzugehen. Ich weiß jetzt nicht, wie ich mit dir umgehen soll.

Es ist jedesmal so schwer, hinter meinem Schmerz, hinter meinem Zurückbleiben dennoch deine Liebe und Güte zu sehen.

Vor vier Jahren war es mein Vater und jetzt Katharina!

Ich kann Leid und Tod und dein Kreuz nicht verstehen!

Ich kann wieder nur stammeln, schluchzen und meine Wut gegen Dich herausweinen.

Im Herzen bin ich sehr verwirrt.

Im Verstand versuche ich auf Dich zu hoffen und zu glauben, dass du Katharina nun in deinen liebenden Armen hälst; dass du sie mit all deiner Zärtlichkeit umfängst; dass du, was bei mir Wut und Trauer und Verwirrung sind, bei ihr in die Freude deiner unermesslichen und unverständlichen Nähe und Liebe wandelst.

Mit dem Verstand glaub ich es, gib mir jetzt auch die Gewissheit und den Trost im Herzen.

Ich denke jetzt an so viele Begegnungen mit Katharina: Wie sie mit mir den Gottesdienstraum gestrichen hat; wie sie in der Küche gesessen hat und aus ihren Plastikschalen ihr Essen gelöffelt hat; wie sie donnerstags oft etwas verspätete zum Taizegebet hereingekommen ist…

Ich danke Dir für das Stück gemeinsamen Weges.

Ich danke dir auch für die Freunde, die wir uns jetzt so liebevoll und tröstend umarmen und nahe sein können,

wie Du jetzt Katharina nahe bist.

Ich bitte nicht für Kathie, ich weiß sie bei Dir!

Hilf mir, hilf uns, nun an Ostern zu glauben!

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